Jüdischer Friedhof Graz
Jüdischer Friedhof Graz

Der Jüdische Friedhof in Graz

 

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Geschichte des Jüdischen Friedhofes in Graz

Nachdem der Totenruhe im Judentum hoher Stellenwert zukommt, stellt die möglichst rasche Herstellung derselben nach dem erfolgten Ableben im Fokus der Bemühungen von Nachkommen bzw. jüdischer Gemeinden.

Als es zu Beginn der 1860-er Jahre sukzessiv zur Entwicklung einer jüdischen Gemeinde in Graz kam sah sich diese mangels eines Friedhofareals zunehmendst mit dem Problem der Beerdigung von hier Verstorbenen konfrontiert. Die nächstgelegenen Friedhöfe befanden sich zu dieser Zeit in den südburgenländischen Gemeinden wie etwa Güssing. Die Überführung der Toten, die im Zentrum der Aufgaben der lokalen Beerdigungsbruderschaften (Chewra Kadischas) stand von denen auch 1871 in Graz eine gegründet wurde, erwies sich zur damaligen Zeit abgesehen von der aus religiöser Sicht relevanten Komponente auch aus monetären sowie sanitätspolizeilichen als beschwerlich.

Bereits ab dem Jahre 1863 bemühte sich die Grazer Judenschaft daher um die Errichtung eines eigenen Friedhofes, 1864 konnte von der Israelitischen Korporation für diese Zwecke auch ein geeignetes Areal in der zu dieser Zeit noch selbständigen und benachbarten Gemeinde Wetzelsdorf erworben werden.

Am 16. Juli 1865 fand die erste Beerdigung statt. Bei der Toten handelte es sich um die zwei Tage zuvor am Ruckerlberg im Alter von nur 38 Jahren an Krebs verstorbene Kaufmannsgattin Anna Tritsch, deren Grabstein wir – wenn auch dessen Inschrift zwischenzeitig unlesbar ist - auch heute noch erhalten finden.

Der Grazer jüdische Friedhof liegt an der Alten-Post-Strasse, der längsten Straße der Stadt, die heute noch als wichtige Verbindung zwischen Gösting und Puntigam dient. Er ist heute stummer Zeuge der Geschichte unserer Gemeinde und dient dieser bis heute als Begräbnisstätte. Das 1864 erworbene Areal erfuhr im Jahre 1901 eine Erweiterung.

Die auf dem Friedhof ursprünglich errichtete, noch heute erhaltene bescheidene Leichenkammer erwies sich ab der Wende vom 19. zum 20.  Jahrhundert als den Ansprüchen und der Reputation der großen jüdischen Gemeinde Graz zusehendst nicht mehr genügend. Nach den Plänen des Grazer Stadtbaumeisters Alexander Zerkowitz (1860-1927), selbst Mitglied der Gemeinde, wurde im Jahre 1910 schließlich der Bau einer imposanten, als Kuppelbau ausgeführten Zeremonienhalle fertiggestellt. Gleich der Synagoge am Murufer wurde auch dies im Zuge des Novemberpogroms am 10. November 1938 gebrandschatzt und zerstört. Das Friedhofsareal selbst blieb aber in der Zeit des Nationalsozialismus im Wesentlichen unversehrt.

Im Zuge der Instandsetzungen kam es in den 1950er Jahren zur Errichtung einer provisorischen Zeremonienhalle. Rahmen des gemeinsamen Gedenkens an das Novemberpogrom von 1938 gab der Senat der Stadt Graz in Absprache mit der Kultusgemeinde 1988 die Planung einer neuen Zeremonienhalle in Auftrag gegeben, um das nach dem Zweiten Weltkrieg errichtete provisorische Bauwerk zu ersetzen. Der Spatenstich für die ebenso wie die Synagoge nach Plänen von Dipl. Ing. Jörg und Dipl. Ing. Ingrid Mayr errichtete Halle erfolgte am 18. Dezember 1990, am 11. November 1991 wurde diese an die jüdische Gemeinde übergeben.

Der Grundriss der wiedererrichteten Halle ist ein langgestrecktes Rechteck. In der Mitte des Baukörpers – durch eine Kuppel hervorgehoben – liegt der Zeremonienraum. Die Anordnung der Räume (Foyer, Tahara, Rabbinerraum, Verwaltung und Nebenräume) entspricht deren Rangordnung – die Form des Baukörpers zeigt diese Ordnung – zur Mitte, zum hohen überkuppelten Zeremonienraum hin nehmen die beiden Seitenflügel an Höhe zu.  Die Straßenfassade mit zwei überdachten Toren ist symmetrisch und geschlossen, eingegliedert in die Friedhofsmauer. Friedhofsseitig öffnet sich die Zeremonienhalle. Diese ist – ausgenommen der in Holz konstruierten Kuppel – in Massivbauweise (Stahlbeton und Tonziegel) errichtet.

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Der Jüdische Friedhof Graz heute

Das Friedhofsareal nimmt heute eine Fläche von insgesamt 18.000 Quadratmetern ein. Auf ihm wurden von 1865 bis heute rund 1460 Gräber errichtet. Unter den hier Beerdigten finden sich primär Mitglieder der Jüdischen Gemeinde Grazs, aber auch jüdische Personen, die während eines temporären Aufenthaltes in der Stadt und ihren Vororten oder in anderen Teilen der Steiermark verstorben sind. Anders als in dem von seiner Größe her vergleichbaren jüdischen Provinzfriedhof in Baden bei Wien finden sich auf dem jüdischen Friedhof in Graz keine Persönlichkeiten beigesetzt, denen heute eine über die Stadt Graz hinausgehende maßgebliche Bedeutung beigemessen werden kann. Zu den bedeutendsten unter den hier Bestatteten zählen der langjährige Grazer Rabbiner Dr. Samuel Mühsam (1838-1907), der (Mit)Begründer des Kaufhauses Kastner & Öhler Hermann Öhler (1847-1918) oder Stadtbaumeister Ing. Alexander Zerkowitz (1860-1927). Mehrere Massengräber erinnern an ermordete Opfer der Todesmärsche ungarischer Zwangsarbeiter im März/April 1945.

Die Friedhofsanlage ist heute aus sicherheitstechnischen Gründen nicht öffentlich zugänglich, die Tore versperrt. Mehrmals pro Jahr kann der Friedhof im Zuge von Schwerpunktführungen oder aber im Rahmen des Bildungsprogrammes der Jüdischen Gemeinde geführt besichtigt werden. Der Schlüssel zum Areal kann allein zum Gräberbesuch im Büro der Jüdischen Gemeinde Graz nach Voranmeldung und vorbehaltlich der Genehmigung nach Prüfung der Person gegen Vorlage eines Lichtbildausweises und Unterzeichnung unseres Sicherheitsmerkblattes behoben werden. An Sonn- und Feiertagen sowie Shabbatoth und jüdischen Feiertagen ist der Besuch des Friedhofes ausnahmslos nicht möglich. Personen männlichen Geschlechts sind zum Tragen einer Kopfbedeckung verpflichtet.

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Mittelalterlich jüdische Grabsteine

Auf dem Grazer jüdischen Friedhof befinden sich, aus konservatorischen Gründen in der Zeremonienhalle verwahrt, auch drei Fragmente mittelalterlicher jüdischer Grabsteine, die bei Fundamentierungsarbeiten für das neue Amtsgebäude der Grazer Burg in der Hofgasse im Herbst 1950 aufgefunden wurden. Es handelt sich hierbei zunächst um einen größeren Stein aus weststeirischem Marmor und einer Größe von rund 70 cm H x 70 cm B. Dieser Grabstein einer Frau ist unvollständig, Name und Jahreszahl fehlen. Der zweite, kleinere Stein ist ebenfalls aus weststeirischem Marmor und misst rund 60 cm H x 70 cm B. Er wurde für Zippora, Tochter des Isaak, errichtet, die am 14. September 1304 verstarb. Dieser Stein ist somit deutlich älter als jener, der sich heute in der Grazer Burg findet. Beim dritten Fragment handelt es sich um eine dreieckige Giebelkrönung (rund 69 cm x 133,5 cm x 69 cm) mit Blattrankenbordüre im Flachrelief aus Quarzsandstein. Sie weist keinerlei Inschrift auf. Diese Grabstein(-reste) dürften mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit aus dem mittelalterlichen jüdischen Friedhof um den Jakominiplatz/Joanneumring stammen. Dieser Friedhof wurde spätestens beim Bau der Festungswerke um 1570 aufgelassen und die Steine als Bausteine (Mauersteine) beim Burgbau verwendet. Ein weiterer mittelalterlicher Stein aus diesem Friedhof, ist der so genannte und vorerwähnte „Grabstein des Nissim, Sohn des Aaron, gest. 1387, der ebenfalls aus einem Fund auf dem Areal Burg stammt, und sich heute eingemauert mittig in deren Außenmauer des Erzherzog Karl Traktes präsentiert.

Mittelalter Grabsteine JGG

 

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