Die großen Dachverbände jüdischer Gemeinden
Die großen Dachverbände jüdischer Gemeinden
(c) WJC

Schätzungen aus 2018 zufolge leben weltweit fast 15 Millionen Juden, dies entspricht rund 0,19% der Weltbevölkerung. Etwas über neun Millionen Juden leben in Israel und etwa fünf Millionen in den Vereinigten Staaten. In fast allen Ländern außerhalb Israels, gibt es Vereinigungen oder Verbände, die sich um das jüdische kulturelle und religiöse Leben im jeweiligen Land kümmern.

EJC

Der European Jewish Congress (EJC) und der World Jewish Congress (WJC) sind die Dachverbände der einzelnen nationalen Gemeindevertretungen. Der EJC repräsentiert über vierzig jüdische Gemeinschaften mit insgesamt etwa 2,5 Millionen Mitgliedern in Europa und hat seinen Sitz in Brüssel.  Er arbeitet mit Regierungen, Institutionen der Europäischen Union und dem Europarat zusammen und widmet sich hauptsächlich der Bekämpfung des Antisemitismus und dem Schutz der jüdischen Gemeinden in Europa. Als weitere Aufgaben möchte der EJC das jeweilige nationale Gemeindeleben und jüdische Traditionen stärken.

Präsident des EJC war seit 2007 Dr. Mosche Kantor. Unter seiner Führung ist der EJC zu einer weltweit anerkannten einheitlichen Stimme der europäischen Juden geworden. Als prominente Persönlichkeit und internationaler Philanthrop ist Mosche Kantor weltweit bekannt für seinen Kampf gegen Antisemitismus und Intoleranz. Am 8. April 2022 trat Moshe Kantor von seinem Amt beim EJC zurück. Zu groß war der Druck der britischen Sanktionen aufgrund der Ukraine Krise gegen in England lebende russische Oligarchen zu denen Kantor zählte.

Entstanden ist der European Jewish Congress vor über 30 Jahren, als die europäischen jüdischen Gemeinden beschlossen, ihre Aktivitäten zusammenzulegen und ihre Bemühungen zu vereinen. Offiziell wurde der EJC als neue und unabhängige Struktur 1986 gegründet. Zuvor wurden europäisch-jüdische Themen von der europäischen Niederlassung des World Jewish Congress (WJC) behandelt. Der EJC wurde die regionale Tochtergesellschaft der WJC.

Als einzige politische Vertretungsorganisation des europäischen Judentums schützt der EJC die Interessen seiner angeschlossenen Gemeinschaften und tritt öffentlich für diese Interessen bei politischen Institutionen in Europa auf. So hat der EJC beim Europarat einen Mitwirkungsstatus. Die breite politische und geografische Vertretung des EJC entspricht der des Europarates und hat ebenfalls seinen Sitz in Brüssel. Er vereint und koordiniert 42 nationale jüdische Gemeinden in Europa und gibt ihnen eine einheitliche Stimme und vertritt ihre gemeinsamen Interessen und Anliegen. Der EJC fungiert als intimes Forum zwischen Gemeinschaften, wo Ideen leicht ausgetauscht werden können und interne Wahlen und Referenden über zukünftige Führung, Projekte und Ziele entschieden werden. Seit seiner Gründung hat sich das EJC immer weiterentwickelt und erweitert, um der sich laufend verändernden Europäischen Union gerecht zu werden.

Der EJC befasst sich mit den vielen Herausforderungen, denen sich das europäische Judentum derzeit gegenübersieht. Trotz vielfältiger kultureller Unterschiede und des heterogenen historischen Hintergrunds teilen die Mitglieder des EJC gemeinsame Bedürfnisse und Interessen, die damit zu den Hauptzielen des EJC werden.

Für die Verbesserung der Sicherheit der europäischen jüdischen Gemeinden startete der EJC 2012 das Programm eines Sicherheits- und Krisenzentrums (SACC). Die Gründung des SACC sollte auf die Verschärfung der Bedrohung europäischer Juden reagieren. Der Sitz und der Kontrollraum dieses Zentrums befinden sich in Wien.

Im November 2021 veranstaltete der SACC in Wien ein großes Treffen, bei dem sich Mitglieder des Exekutivrats zum ersten Mal seit dem Ausbruch der Covid-19-Pandemie wieder persönlich versammelten. Während dieses Treffen wurden dringende Probleme erörtert, die die jüdischen Gemeinden in Europa beschäftigen. Von Österreichischer Seite nahmen sowohl IKG-Ehren- und EJC-Vizepräsident Ariel Muzicant, als auch IKG-Präsident Oskar Deutsch teil. Die Teilnehmer dieses Exekutivtreffens erarbeiteten die Prioritäten für die nächsten Monate und betonten, wie wichtig es sei, junge Menschen gegen die Bedrohungen durch Extremismus und Antisemitismus aufzuklären.

Kurz nach dem Beginn der Ukraine-Krise Ende Februar 2022, lud die jüdische polnische Gemeinde Polens gemeinsam mit dem EJC europäische Vertreter jüdischer Gemeinden aus den baltischen Ländern und Tschechien zu einer zweitätigen Schulung ein, um über die humanitären Einsätze an der polnisch-ukrainischen Grenze zu sprechen.

Als übergeordneter Dachverband des European Jewish Congress repräsentiert der World Jewish Congress über 100 jüdische Gemeinden und Organisationen weltweit. Gegründet wurde der WJC bereits 1936 in Genf. Ziel damals war es, der drohenden Gefahr des Antisemitismus und der beginnenden Verfolgung von Juden entgegen zu treten und die demokratischen Kräfte gegen die Nationalsozialistische Herrschaft zu mobilisieren. Außerdem setzte sich der WJC damals auch für die Schaffung einer Heimat für Juden in Palästina ein.  

Heute vertritt der WJC, ähnlich dem EJC, jüdische Belange gegenüber Regierungen, Parlamenten, internationalen Organisationen und anderen Religionen. Er vertritt das jüdische Volk in seiner Pluralität und ist politisch unparteiisch.

Ronald S. Lauder, der international bekannte Unternehmer, Mäzen, Kunstsammler und frühere US-Botschafter, ist seit Juni 2007 Präsident des Jüdischen Weltkongresses.

Durch seine Botschaftstätigkeit hat Lauder mit Repräsentanten verschiedener Staaten Kontakte geknüpft, die er heute für jüdische Anliegen internationaler Gemeinden aufleben lassen kann.

Unter anderem ist der WJC dafür eingetreten, dass Opfern des Holocaust und ihren Erben Entschädigungszahlungen bewilligt werden. Außerdem hat er sich für das Gedenken an den Holocaust und für die Rückgabe von gestohlenem jüdischen Eigentum eingesetzt. Eine wichtige Rolle spielte der WJC bei einer Vereinbarung mit Schweizer Banken, Geld aus „ruhenden Konten“ an die Erben zurück zu zahlen.

1986 legte der WJC die Kriegsvergangenheit des ehemaligen UN-Generalsekretärs und österreichischen Bundespräsidenten Kurz Waldheim offen.

Er setzte sich auch für die Auswanderung von 600.000 sowjetischer Juden zwischen 1989 und 2007 ein und organisierte eine der größten Einwanderungswellen nach Israel. In Israel haben heute etwa 20 % der Bevölkerung russische oder ukrainische Wurzeln.

Aktuell engagiert sich der World Jewish Congress aktiv an humanitären Maßnahmen in der Ukraine. Bei der Konferenz der Jerusalem Post am 1. April 2022 sprach Ronald Lauder über die Zusammenarbeit mit jüdischen und nichtjüdischen Organisationen, um ukrainischen Flüchtlingen bei der Suche nach einer Unterkunft zu helfen. Nach Schätzungen leben etwa 90.000 Juden in der Ukraine und ist damit die viertgrößte jüdische Gemeinde in Europa und die elftgrößte der Welt.

Zum Abschluss seiner Ausführungen der Konferenz in Israel erklärte Lauder: „Unsere Welt durchlebt ein großes Trauma, während diese Konferenz zusammentritt. Wir wissen nicht, wie es sich lösen wird. Aber das wissen wir – wenn das jüdische Volk geschlossen handelt, wenn wir weiterhin aufeinander aufpassen, von der Ukraine über Israel bis zu den Vereinigten Staaten und allen Punkten dazwischen, dann werden wir so viel stärker sein, was auch immer uns in den Weg kommt.“

 

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