Karl Emil (Samuel) Franzos
Der 1848 als Sohn des assimilieren Arztes Dr. Heinrich Franzos und dessen Frau Karoline geb. Klarfeld in Podolien, Russland, geborene Karl Emil recte Samuel Franzos war ein zu seiner Zeit äußerst populärer Schriftsteller und Publizist. Seine Erzählungen und Romane sowie Reiseberichte reflektieren die Welt des osteuropäischen Judentums und die Spannungen, denen er als Deutscher und Jude ausgesetzt war.
Franzos maturierte am Staatsgymnasium in Czernowitz und immatrikulierte zu Beginn des Jahres 1868 Rechtswissenschaften an der Universität Wien. Im darauffolgenden Wintersemester wechselte er an die Universität Graz, wo er bei der Akademischen Verbindung „Orion“ aktiv war: im WS 1869/70 war er Propräses und im WS 1870/71 Präses des progressistisch eingestellten Bundes, dem er bis an sein Lebensende treu blieb.
Franzos trat mit Wilhelm Scherer, Julius Fröbel und Robert Hamerling in Kontakt. Er sprach sich für eine deutsche Einigung unter preußischer Führung mit Einschluss Österreichs aus. Außergewöhnliche Wirkung hatten seine Reden und Deklamationen, zum Beispiel 1869 bei der Feier des 100. Geburtstages von Alexander von Humboldt in Czernowitz und bei der Gedenkfeier für Ernst Moritz Arndt in Graz. Seine Universitätsstudien beendete er mit Promotion in Rechtswissenschaften, fühlte sich aber nicht zu juristischen Tätigkeiten, sondern vielmehr zum Journalismus und der Schriftstellerei hingezogen.
Graz ist die Stätte vieler seiner Erzählungen und der Schauplatz seiner einzigen Versnovelle Mein Franz. In Graz verfasste er für Tageszeitungen Satiren, Rezensionen, Erzählungen und Gedichte. 1872/73 schrieb Franzos für das Feuilleton des Pester Lloyd und verfasste zudem Aritkel für die Neue Freie Presse. Reisen nach Venedig, Genua, Monaco, Florenz, Rom und Neapel sowie auch verstärkt die östlichen Teile der Donaumonarchie gingen in seine Reisefeuilletons ein. Die kulturhistorischen und ethnografischen Zeitungsberichte erschienen als Buch unter dem Titel Aus Halb-Asien. 1878 und 1888 erschienen weitere Sammlungen solcher Kulturbilder.
Neben seiner Tätigkeit als Schriftsteller war Franzos auch als Übersetzer und vor allem als Herausgeber tätig. 1884 wurde Franzos Redakteur der Neuen Illustrierten Zeitung in Wien, 1886 gründete er die Halbmonatsschrift für deutsche Dichtung (1886–1904), die er bis zu seinem Tod herausgab.
Sein Journalistendasein lies Franzos 1887 hinter sich. Mit seiner Frau zog er in diesem Jahr von Wien nach Berlin. Dort schrieb er vor allem bürgerliche Liebes- und Gesellschaftsnovellen. Gleichzeitig engagierte er sich für die Juden in Russland, die unter zunehmendem Druck standen. 1891 trat er dem Zentralkomitee für die russischen Juden bei. Franzos verstarb am 28. Januar 1904 aufgrund eines Herzleidens im Alter von nur 55 Jahren in Berlin. Beigesetzt wurde er auf dem Jüdischen Friedhof Berlin-Weißensee.