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WEIHNUKKA
WEIHNUKKA
freies Bild, Dr. Viola Heilman

Chanukka ist das Fest der Lichter, der Wunder und Köstlichkeiten wie Latkes (Kartoffelpuffer) und Suwganiot (Krapfen). Über die Schreibweise gibt es zahlreiche je nach geografischem Standort bezogene Diskussionen: Hanukkah, Chanukah, Hanouka und so weiter. Um dieses Dilemma zu lösen hat, so erzählt eine der zahlreichen Chanukka-Geschichten, ein Rabbiner eine gute Lösung angeboten. Die einzig richtige Schreibweise sei חניכה, nämlich die hebräische Schreibweise. Denn bei jeder Transliteration hebräischer Wörter in eine andere Sprache verlieren sie bei diesem Versuch des Übertrags immer etwas von ihrem Sinn. Ähnlich ist es bei der kulturellen Anpassung religiöser Feste, an den mehrheitlichen Kulturkreis einer Gesellschaft. In säkularen jüdischen Gemeinden außerhalb Israels ist Chanukka ein alljährliches Beispiel der Annäherung an Weihnachten. Eines aber gleich vorweg: Chanukka und Weihnachten haben nichts miteinander zu tun.

An den acht Tagen des Chanukka-Festes wird der Wiedereinweihung des Jerusalemer Tempels im Jahr 165 v.u.Z. gedacht. Der seleukidische Herrscher Antiochus IV. Epiphanes erließ im Jahr davor ein Gesetz, das die Angleichung der Juden in seinem Reich an die griechische Lebensweise vorsah. Der Brandopferaltar im Tempel von Jerusalem wurde für die griechische Gottheit Zeus umgebaut und der Tempel entweiht. Als Folge kam es zu blutigen Aufständen, die aber siegreich für die Juden ausgingen. Die heidnischen Elemente wurden daraufhin aus dem Tempel wieder entfernt und ein neuer Brandopferaltar errichtet (siehe Buch der Makkabäer). Diese Tempelweihe ist die historisch-religiöse Grundlage des Chanukka Festes, das vom 25. Kislew bis zum 3. Tewet gefeiert wird. Das Buch der Makkabäer gehört zu den biblischen Spätschriften und findet sich nicht im Tanach.

weihnukka

Das Ölwunder, das beschreibt, wie ein kleines Kännchen Öl, das nur einen Tag gereicht hätte, dann aber im Tempel acht Tage Licht gab, findet sich selbst nicht in den Makkabäer-Büchern. Erst der Babylonische Talmud (Traktat Schabbat 21b) beschreibt dieses Wunder. Sowohl die Einweihung des Tempels, als auch das Ölwunder verschmolzen und wurden zur Tradition wie Chanukka heute gefeiert wird. An den acht Tagen wird jeden Tag mit Hilfe einer Schamasch-Kerze (Diener) an der Chanukkia ein Licht mehr angezündet. Die Chanukkia hat im Gegensatz zum jüdischen Symbol der Menorah, neun und nicht sieben Arme. Wichtig beim Kerzen zünden an der Chanukkia ist, dass die Lichter mindestens eine halbe Stunde lang brennen und das Licht nicht als Beleuchtung dient. Traditionell wird während des Kerzenzündens das Lied „Maos Zur“ gesunden, das die Geschichte der Einweihung besingt. Beliebt ist auch das Spiel mit dem Dreidel (hebr. Sewiwon) einem Kreisel, der an seinen Seiten verschiedene Buchstaben hat.

Die zugrundeliegende Geschichte des Chanukka Festes zeigt, dass es keine Parallele zu Weihnachten gibt, das die Geburt Jesus Christus feiert. Dennoch haben beide Feste einen starken Familienbezug und es gibt die Tradition, Kindern an diesem Tag Geschenke zu machen. Mit diesen übergeordneten Elementen lassen sich Verbindungen zwischen beiden Festen herstellen. Die Verknüpfung der kulturellen Elemente beider Feste entwickelten sich im Laufe von vielen Jahrhunderten. Vor allem lag es wahrscheinlich gerade im 19. Jahrhundert an der gesellschaftlichen Situation zwischen Juden und Nichtjuden, die sich um gesellschaftliche Harmonie bemüht hat. Damals hatte sich Weihnachten in Deutschland neben seiner theologischen Bedeutung auch als Familienfest und als Fest der Nächstenliebe etabliert. Brauchtum, wie der geschmückte Weihnachtsbaum, Geschenke und ein großes Essen fanden Einzug in deutsche Haushalte. Kinder bekommen seitdem jeden Abend zu Chanukka ein kleines Geschenk oder ein wenig Chanukkagelt (jiddisch für Geld), das sie für einen guten Zweck spenden sollen. Kostengünstiger sind Schokotaler aus Gold.

Der Kulturmix zwischen Chanukka und Weihnachten wurde vor allem in den USA gepflegt. Während und nach dem Holocaust sind sehr viele Juden in die USA eingewandert und das jüdisch-kulturelle Leben wurde zunehmend von Ehen zwischen Juden und Christen geprägt. Es gab den damit verknüpften Wunsch beider Partner, die jeweiligen Feste und Bräuche zu feiern. Nachdem beide Feste in den Dezember fallen entstand in gemischt jüdisch-christlichen Familien das „Dezember-Dilemma“. Was sollte gefeiert werden? Weihnachten oder Chanukka. Die Lösung schien gewisse Traditionen miteinander zu vermischen.

Als dann 2003 im amerikanischen Fernsehen die sehr beliebte Serie O.C. California lief, deren Hauptcharakter Seth Cohen war, der das Wort „Chrismukkah“ schuf, war sogar ein Begriff für die Verbindung der beiden Dezemberfeste geschaffen. Dieses Wort wurde so populär, dass es das Time Magazin 2004 in die Liste der Buzzwords (Schlagwort) des Jahres aufnahm. In der deutschen Wortkreation wurde dann Weihnukka daraus.

Säkulare Juden hatten vor der Schoah problemlos einen Weihnachtsbaum bei sich stehen, weil sie dies als Teil der Mehrheitskultur ihres Landes verstanden und nicht als christliches Symbol. Der erste historisch gesicherte Weihnachtsbaum wurde in Wien 1814 durch die Gesellschaftsdame Fanny von Arnstein in ihrer Wohnung aufgestellt. Sie brachte diesen Weihnachtsbrauch aus Deutschland nach Österreich mit. Auch Theodor Herzl feierte Weihnachten, obwohl er überzeugter Zionist war und für die Stärkung der jüdischen Identität und gegen Assimiliation eintrat. In einer weit verbreiteten Geschichte soll Herzl dem Wunsch seiner Kinder nach einem Weihnachtsbaum mit den Worten „meinetwegen soll er Chanukka-Baum heißen“, nachgegeben haben.

In jüdisch orthodoxen Kreisen wird zu Weihnachten die Nittel Nacht begangen. Vermutlich stammt das Wort „Nittl“ vom lateinischen Wort für Weihnachten „natalis“ ab. Chasidim vermeiden es am Weihnachtsabend aus der Tora oder dem Talmud zu lesen und zu lernen. Stattdessen werden meist Karten oder Schach gespielt. Die Nittl-Nacht dürfte während den Judenverfolgungen im Mittelalter in Galizien entstanden sein. Juden hatten während der Weihnachtsnacht besondere Angst auf die Straßen zu gehen, da sie befürchteten, dass Christen auf dem Weg in die Kirche gegen Juden gewalttätig werden könnten, da Juden unter Christen als Christusmörder galten. Es gibt eine jüdische Verordnung aus 1708 für das Spielen diverser Brettspiele in der Weihnachtsnacht, der eine schriftliche Erwähnung aus dem Jahr 1660 über das Vermeiden des Lernens aus der Tora voranging.

Trotz der unterschiedlichen religiösen Hintergründe der beiden Feste Chanukka und Weihnachten, stehen dabei glückliche Kinder und die Familie im Vordergrund. Für beide gibt es gute Gründe zu feiern.

 

 

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