Mobiles Bethaus am Hauptplatz von Graz
Mobiles Bethaus am Hauptplatz von Graz
(c) Foto Fischer

Die Kunstinstallation Mobiles Bethaus von Oskar Stocker und Luis Rivera ist bis 24. Juli 2021 am Grazer Hauptplatz zu sehen, zu begehen und zu erleben.

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Wer am 5. Juli 2021 durch die Grazer Innenstadt spaziert ist, hat sich besonders gut geschützt gefühlt. In jeder Nebengasse und in Hauseingängen stand ein Polizist. Für die Eröffnungsveranstaltung des Mobilen Bethauses von Oskar Stocker und Luis Rivera, das im Rahmen des Kulturjahres 2020 (wegen Corona auf 2021 verlegt) von der jüdischen Gemeinde Graz mitinitiiert wurde, war dieses Aufgebot an Sicherheitskräften in zivil und Uniform leider notwendig. Elie Rosen, Präsident der Jüdischen Gemeinde Graz lud zur feierlichen Eröffnung des Mobilen Bethauses am Grazer Hauptplatz und es kamen zahlreiche VertreterInnen der Stadt- und Landespolitik sowie viel Prominenz zu diesem wichtigen Ereignis. In den Reden des steirischen Landeshauptmanns Hermann Schützenhöfer, des Bürgermeisters Siegfried Nagl und von Hannah Lessing, Generalsekretärin des Nationalfonds, wurde der Antisemitismus gemahnt, der sich auch oft hinter einer Israelkritik verbirgt und dem es gilt, entschieden zu begegnen. Das Bethaus setzt dabei ein starkes Signal und verleiht dem Grazer jüdischen Leben einen wichtigen Stellenwert. Hannah Lessing bezeichnete die Kunstinstallation mit bitterer Ironie als „Pop-Up Store der Erinnerung, als Kunst, die ohne Worte spricht“.

Zwischen den Reden spielte Afik Eshel hebräische Lieder, die die Gäste auch daran erinnerte, dass es eine junge aktive Kulturszene in Israel gibt, deren Talente auf der ganzen Welt leben.

Nach der feierlichen Eröffnung wurden die Gäste der Veranstaltung in den Rittersaal des Steirischen Landhauses von Landtagspräsidentin Manuela Khom zu kulinarischen Köstlichkeiten eingeladen.

„Ein mobiles Bethaus hat einerseits mit dem Faktum der Diaspora zu tun und andererseits gab es die Idee, dass dieses Bethaus in Graz die Premiere bekommt und dann in allen 13 Partnerstädten von Graz gezeigt wird, wo es eine jüdische Gemeinde gibt“ beschreibt Oskar Stocker sein Kunstwerk. Präsident Elie Rosen verriet auch schon die nächste Station, wo das Bethaus aufgestellt wird. Nach dem 24. Juli wird das Bethaus zerlegt und nach Ljubliana gebracht werden, wo es ebenfalls im öffentlichen Raum gezeigt wird.

Das Künstlerkollektiv Stocker – Rivera thematisiert mit dieser Kunstinstallation den Antisemitismus. Es richtet sich an alle und ist für alle offen, die in der beruhigenden Atmosphäre des Innenraums Spiritualität oder Reflexion suchen. „Das Bethaus hat 12 Seiten, die die 12 Stämme Israel symbolisieren und wenn man sie dementsprechend anordnet kommt man zum Davidstern. Mit meinem kongenialen Partner Luis Rivera haben wir die Außenwände in Grau, nach dem Grau des Alltags gestaltet. Innen betritt man einen schneeweißen Raum, der in die Transzendenz, zu Gedanken zu sich selbst und in eine andere Welt führen soll. An der Oberseite des Raumes befindet sich eine Pyramide über die die kosmische Energie einfließen kann ... oder auch nicht. Das bleibt offen, wie Kunst eben ist. Sie stellt Fragen, aber gibt keine Antworten. Die Außenwände könnten entweder eine Klagemauer sein, aber auch ein Verweis auf die Shoa, es könnte Graffiti sein oder der pure Alltag. Es gibt hier viele Bedeutungsebenen. Wir sehen in dieser Kunstinstallation keinen sakralen Bau. Sie soll zur Fragestellung einladen: Wer sind wir?“ erklärt Oskar Stocker.

Das Bethaus ist aber für die Künstler und für das Publikum noch viel mehr. Es soll einerseits ein deutlich sichtbares Zeichen des jüdischen Lebens in Graz sein, aber auch andererseits eine Auseinandersetzung mit Toleranz und Akzeptanz, für ein Miteinander sein. Der Unterschied zur Synagoge in Gries ist für Oskar Stocker und Luis Rivera „auf Zeit direkt im Herzen der Stadt präsent zu sein, und dass auch in dieser Zeit keine andere Veranstaltung auf dem Hauptplatz stattfindet.“ An den Außenwänden des Bethauses sind Monitore angebracht, die kurze Filmszenen und Interviews mit Personen des öffentlichen Lebens zeigen.

Christian Mayer, Intendant des „Kulturjahres 2020“ unterstreicht die Notwendigkeit der künstlerischen Beschäftigung und der Auseinandersetzung mit dem Antisemitismus auch aufgrund der Angriffe auf andere Glaubensgemeinschaften in letzter Zeit. Das Mobile Bethaus steht als offener Raum in einer Stadt der Menschenrechte, die Gemeinschaft leben und erleben möchte. Für Bürgermeister Siegfried Nagl ist es ein Wegweiser zu einem freundschaftlichen Weg der Gemeinsamkeiten. „Ein vergleichbares Projekt gab es am Hauptplatz von Graz noch nie“.

Viola Heilman

Fotos: (c) Foto Fischer

 

Besuchen Sie das mobile Bethaus:
Wann:
 06.07. bis 24.07.2021, jeweils von 10.00 bis 22.00 Uhr
Wo: Hauptplatz, Graz

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